Abschied – 1. FC Nürnberg – Eintracht Frankfurt 0:1 (0:0)
Fünf Spiele lang hat der FCN in seinem Reich, dem vor sechs Jahren ausgerufenen Königreich Relegationien, nicht verloren, doch im sechsten musste er sich geschlagen geben. Der Klassenunterschied im Vergleich mit dem Bundesligisten war einfach zu deutlich spürbar. Durchaus auch – wie vergangene Relegationen – ein Zeichen für die immer weiter auseinanderdriftenden beiden höchsten deutschen Spielklassen. Der Club fand auch in Nürnberg in 98 gespielten Minuten kein Mittel die Eintracht unter Druck zu setzen, so dass die Niederlage und der Klassenverbleib nur als verdient bezeichnet werden kann.
Verdient, weil sie – obwohl bei Weitem nicht die oberste Spitze des deutschen Fußballs – den Ball viel besser in ihren Reihen behielten, weil sie sich im offensiven Zweikampf immer mal wieder durchsetzen konnten, was dem Club nie gelang und weil ganz einfach – wie Andreas Bornemann und René Weiler nach dem Spiel zugaben, die größere fußballerische Qualität haben. In dieser Erkenntnis liegt vielleicht die am schwierigsten anzuerkennende Tatsache. Der Club ist ein Spitzenteam in der Zweiten Liga, aber eben nur da. Der Unterschied zur ersten Liga ist eklatant. So eklatant, dass selbst eine Mannschaft aus dem unteren Tabellendrittel der Bundesliga einen Zweitligisten dominieren kann.
Nun kann man natürlich leidlich diskutieren, ob eine andere Taktik als die arg defensive Ausrichtung, mit der Weiler den Club in die beiden Relegationsspiele geschickt hatte, erfolgversprechender gewesen wäre. Ein Blick auf die Passgenauigkeit im Spiel nach vorne lässt erahnen, dass die Antwort wahrscheinlich eher ein Nein wäre. Zu oft wurden Bälle im Vorwärtsspiel unnötig abgegeben, unter Druck kam sogar kaum mehr ein Pass zum Mann. Hätte man dann auch noch weniger tief gestanden, man hätte die Frankfurter wahrscheinlich zum Scheibenschießen eingeladen.
Letztlich ist es allerdings müßig auf hypothetische Verläufe einzugehen, der FCN spielt auch 2016/17 in der Zweiten Liga. Auf die Saison betrachtet, darf man dies durchaus als ungerecht empfinden, immerhin hat man die beste Zweitligasaison der Vereinsgeschichte gespielt und eine Serie von 18 Spielen ohne Niederlage aufgestellt. Doch die Relegation zeigte eben dann auch auf, wie weit der FCN spielerisch und von der individuellen Klasse her entfernt ist von der Bundesliga. Statt auf 34 Spiele, die so ähnlich aussehen wie die Relegationsspiele (und gegen viele Gegner sicher ergebnistechnisch verheerender ausfielen) darf man sich in der Zweiten Liga auf Duelle mit dem VfB Stuttgart, Hannover 96, Dynamo Dresden, dem FC St. Pauli, dem TSV 1860 München und dem 1. FC Kaiserslautern freuen; sowie wahrscheinlich nicht nur ein, sondern gleich zwei fränkische Derbys ausfechten. Eine Gemengelage, die jenseits der Anstoßzeiten, die immer noch katastrophal sein werden, eigentlich gar nicht so schlecht ist.
Immerhin 35 nationale Meistertitel (9x Nürnberg, 8x Dresden, 5x Stuttgart, 4x Kaiserslautern, 3x Fürth, 2x Hannover, 1x Karlsruhe, 1x Düsseldorf, 1x 1860 München, 1x Braunschweig) und 24 nationale Pokaltitel (7x Dresden, 4x Nürnberg, 3x Stuttgart, 2x Düsseldorf, 2x Kaiserslautern, 2x Karlsruhe, 2x 1860 München, 1x Union Berlin, 1x Hannover) tummeln sich dann in der zweithöchsten Spielklasse. Nimmt man den eh in einer eigenen Liga spielenden FC Bayern aus der Wertung, kommt die Bundesliga in der kommenden Saison auf 36 Meistertitel und 27 Pokalsiege. Es deutet sich auch hier schon so langsam eine Verschiebung im deutschen Fußball an, die man nur mit Sorge beobachten kann, wenn man der Tradition anhängt.
In dieser Saison konnten Frankfurt und Bremen sich noch retten, aber es spricht wenig dafür, dass diesen Vereinen im kommenden Jahr nicht erneut der Abstiegskampf mit ungewissem Ausgang blüht. Stattdessen tummeln sich in den Plätzen darüber von Mäzenen und Konzernen aus dem Boden gestampfte Projekte, wie in Leipzig, Hoffenheim oder Wolfsburg. Die Zweite Liga wird immer mehr zum Auffangbecken derer, die durch diese Projekte verdrängt werden. Natürlich nicht allein deswegen, sondern auch wegen Fehler in den eigenen Planungen, wie das Beispiel des FCN eindrucksvoll belegt.
Dennoch kann man wohl als Anhänger eines Traditionsvereins nur ängstlich in die Zukunft schauen. Für den FCN steht nach der verlorenen Relegation wahrscheinlich wieder ein Neuaufbau auf dem Programm. Viele Spieler wollen erstklassig spielen, auch wenn sie gegen Frankfurt den Beweis der Erstklassigkeit nicht angetreten sind. Nicht allen wird man den Wunsch verwehren können. Und so wird diese Mannschaft, die sich durch extremen Zusammenhalt auszeichnete, am Ende eine Unvollendete sein. Kein Ende wie im Märchen, stattdessen entthront als König von Relegationien von der Eintracht, die als einzige Mannschaft drei Relegationen erfolgreich bestreiten konnte.
Und auch für den Autor dieser Zeilen kein Ende wie im Märchen: Die stille Hoffnung war, nach acht Jahren Spielberichten den Stab in gleicher Weise zu übergeben, wie ich ihn in meiner ersten Saison übernommen hatte, mit einer gewonnenen Aufstiegsrelegation. Es hat nicht geklappt, das reicht aber nicht um noch ein Jahr weiterzumachen. Nach acht Spielzeiten und ungefähr 260 Spielberichten heißt es Abschied nehmen von Faszination Nordkurve.
Zum einen, um Platz zu machen für diejenigen, die wirklich immer noch dort stehen, wo die Seite ihren Namen hat, in der Nordkurve. Vielleicht auch für jemanden, der aus der Mitte der Kurve das Spiel etwas weniger analytisch und etwas emotionaler sieht, der auch das Geschehen auf den Rängen nicht ausblendet. Etwas das mir immer wichtig war, das aber vielleicht nicht 100% zum Stil der Seite passt. Zum anderen brauchen Spielberichte Zeit. Zeit, die man mit Mitte 30 einfach auch eher mit denen verbringen will, die einem am Herzen liegen und die nicht jedes Wochenende in Rot und Schwarz auf den Rasen laufen. Meine Frau Annette hat mir in acht Jahren FaNo immer den Raum und die Zeit gegeben, Berichte verfassen zu können, jetzt ist es an der Zeit ihr wenigstens etwas von dieser Zeit zurückzugeben. Ihr und meiner Tochter Eleonora.
Das heißt nicht, dass ich mich komplett vom Schreiben über den FCN zurückziehe, auf meiner zweiten Blogheimat in Sachen FCN Clubfans United werde ich auch weiter aktiv sein. Da passe ich in Sachen Zielgruppe inzwischen rein alterstechnisch auch besser hin. Ich hoffe, dass mein Nachfolger oder meine Nachfolgerin ebenso positives Feedback erhält, wie ich es bekommen habe und dass die Beschimpfungen sich im erträglichen Maße halten. Vielen Dank an alle!