Altbekannt – FC Bayern München – 1. FC Nürnberg 4:0 (3:0)
Das Diskussionsmuster nach hohen Niederlagen in München ist inzwischen altbekannt. Für die einen ist die Niederlage eine Riesen-Blamage und die Mannschaft zeigte keinerlei Engagement und Willen. Für die anderen ist der Kantersieg des Rekordmeisters nichts weiter als der Ausdruck der wesentlich höheren individuellen Klasse, die den Club einmal mehr hat schlecht aussehen lassen. Welcher Auslegung man sich als Fan anschließt, hat meist mehr mit dem persönlichen Abneigungslevel gegen den Gegner als mit der Interpretation des Spielverlaufs zu tun. Unvereinbar sind die beiden Positionen nach dieser Partie nämlich nicht: Die Gastgeber zeigten, wie gut sie Fußball spielen können, der FCN machte es ihnen über weite Strecken des Spiels aber auch nicht schwer.
Das Kapitulationssignal war nämlich eigentlich schon um 14:35 Uhr in die Kabine der Münchner gebracht worden; in Form des Aufstellungszettels. Nachdem auf dem Spielberichtsbogen sowohl Almog Cohen als auch Wilson Kamavuaka auftauchten war klar, das Spiel nach vorne soll der defensiven Absicherung geopfert werden. Der FCN läuft auf um nicht zu verlieren, nicht um zu gewinnen. Die Idee für die Offensive war wohl die Geschwindigkeit von Alexander Esswein und Timothy Chandler, den äußeren Mittelfeldspielern, für temporeiche Gegenstöße auszunutzen. Der Ball aber kam in den 90 Minuten zu keinem Zeitpunkt so zu den beiden, dass sie ihn gefährlich hätten verwerten können. Die Spieler der Hausherren hatten die beiden potentiellen Turboangreifer stets im Griff, standen sofort bei ihnen und entrissen ihnen ein ums andere Mal den Ball.
Diese Präsenz in den Zweikämpfen ist an sich natürlich auch ein Zeichen der großen individuellen Klasse des Tabellenführers. Selbige zeigte sich auch bei den Weitschusstoren zum 2:0 und 3:0. Beide Male waren die Schüsse einfach so platziert und hart geschossen, dass schon bei Verlassen des Fußes klar war, dass sich das Leder im Netz wiederfinden sollte. Auch wie der Ball vor der Toren flüssig, genau und mit hoher Geschwindigkeit umher gepasst wurde, zeigt wie viele Lichtjahre die Münchner momentan vom FCN entfernt sind. Das heißt jedoch nicht, dass man den Spielern des Glubb bedenkenlos einen Freifahrtschein für das Wochenende ausstellen kann.
Besonders ärgerlich war das allererste Tor – nach gerade einmal 85 Sekunden. Es war das Gegentor, das der FCN in dieser oder ähnlicher Form bereits in Wolfsburg und Aue und auch gegen Stuttgart kassiert hatte: Der Angriff kommt über eine der beiden Außenbahnen, der Druck des Außenverteidigers auf den Ball führenden Spieler ist zu gering, der Angreifer kann in Ruhe flanken, in der Mitte entkommt ein Gegner den Innenverteidigern und köpft den Ball in die Maschen. Natürlich ist Schweinsteigers Flanke in diesem Fall noch härter, noch platzierter als die von Dejagah, Kvist oder Kocer und Mario Gomez ist ein besserer Offensivspieler als Mandzukic, König oder gar Maza. Es bleibt jedoch der Eindruck, dass die Gegner den langen Ball aus dem Halbfeld nunmehr als Schwäche des FCN ausgemacht haben und diese ein ums andere Mal auszunutzen versuchen.
Mit dem frühen Gegentor war bereits nach zwei Minuten alle Hoffnung auf den ersten Sieg in München seit 1992 zunichte gemacht. Danach spielten die Münchner ihr Programm routiniert ab, profitierten dabei natürlich davon, dass die Abspiele des FCN hektisch, unüberlegt und unpräzise waren. Gleichzeitig aber war die Vorstellung der Gastgeber nichts ungewöhnliches. Seit dem dritten Spieltag sieht es vor den Toren der bayerischen Landeshauptstadt im Zwei-Wochen-Rhythmus so aus, wie es auch gegen den FCN aussah. Eine völlig überlegene Heynckes-Truppe schießt zwischen drei und sieben Toren, der Gegner ist chancenlos und muss das Spiel schnell zu den Akten legen, am besten ohne großen Schaden zu erleiden.
Zumindest dies gelang: Kein Platzverweis, keine Verletzung. Zumindest körperlich hat das Spiel keine Schäden bei der Mannschaft hinterlassen. Ob mental die Umstellung klappt, wird der kommende Samstag zeigen. Gegen den SC Freiburg ist klar, dass die individuelle Klasse des Gegners nicht höher ist als die des FCN. Dann könnte es bei einer Niederlage keine zwei Interpretationsweisen geben.