Auch das muss mal sein – TSG Hoffenheim – 1. FC Nürnberg 1:1 (0:0)
Manchmal muss man eben Glück haben: Das Glück, dass der Gegner seine Chancen nicht nutzt; das Glück, dass der Schiedsrichter keine entscheidende 50:50-Situation gegen dich pfeift; das Glück, den einzigen gut vorgetragenen Angriff im Tor unterzubringen. Mit diesem Glück holt man dann trotz des dreizehnten Gegentreffers nach einem Standard – dem zehnten Kopfballgegentor – und trotz spielerischer Unterlegenheit einen Punkt. Den ersten Punkt nach vier Niederlagen in Folge, den neunzehnten der Saison, den ersten überhaupt gegen Hoffenheim. Recht viel mehr Positives außer den ersten Zähler seit dem 6. November gibt es allerdings kaum zu verbuchen nach dem Auftritt im Kraichgau.
Die Schwächen, die in den Wochen zuvor für vier Spiele ohne Punkt und mit 1:11 Toren geführt hatten, waren auch weiter deutlich sichtbar. Weit vor den restlichen zehn Akteuren stand Julian Schieber einsam wie ein Leuchtturm auf einem Nordseefelsen tief in der gegnerischen Hälfte. Teilweise bewies er auch eine ähnliche Beweglichkeit, doch mit etwas mehr Unterstützung durch das viel zu langsam aufrückende Mittelfeld wäre der Stürmer zumindest mit Anspielmöglichkeiten gesegnet gewesen. So musste er sich ein ums andere Mal das Eins-gegen-Eins mit den Hoffenheimer Verteidigern suchen und sah dabei meist schwach aus. Es ist zumindest überlegendwert, ob ein Sturmpartner Julian Schieber und damit das gesamte Nürnberger Spiel nicht deutlich entlasten würde.
Doch nicht nur die Einsamkeit des Stürmers im Hecking‘schen System trat wieder einmal zu Tage, auch die Unfähigkeit vieler FCN-Spieler den Ball über wenige Meter präzise an den eigenen Mann zu bringen, fiel erneut mehrfach auf. Ein kontrolliertes und konzentriertes Aufbauspiel war auch in dieser Partie größtenteils nicht möglich, weil immer wieder Fehlpässe das Spiel durchzogen. Keine 70% der Pässe kamen beim Mitspieler an; eine besorgniserregend schwache Quote. Besonders auffällig war, dass sich die Ballverluste vor allem im Spielfeldviertel zwischen Mittellinie und Hoffenheimer Strafraum zutrugen. So kam der Gegner immer wieder in Ballbesitz als der FCN in der Vorwärtsbewegung war. Auf Grund der schwachen Chancenauswertung der Gastgeber blieben aber die Fehler im Spielaufbau unbestraft.
Bestraft wurde hingegen erneut die schlampige Zuordnung bei Standardsituationen. Auch wenn kein eindeutiger Schuldiger wie in der Vorwoche bei Hummels‘ 0:1 gefunden werden kann, wirkte es erneut so, als sei Andi Wolfs Gegenspieler derjenige, der den Ball im Tor untergebracht hatte. Schieber versuchte noch zu retten, kam aber zu spät und Compper köpfte den Ball in die Maschen. Schon zu Beginn der Partie hatte nur Juri Judts Kopfball auf der Torlinie die Hoffenheimer Führung durch Ba nach einer Ecke verhindert. Warum Mannschaft und Trainer nicht in der Lage sind, diese Schwäche in den Griff zu bekommen, ist und bleibt ein Rätsel. Womöglich ist eine Umstellung von Manndeckung auf Raumdeckung bei Standards überlegenswert, allerdings ist durchaus fraglich, ob die Mannschaft dadurch nicht noch weiter verwirrt und verunsichert würde.
Nun kann bei einem 1:1 beim Tabellensechsten nicht alles schlecht gewesen sein, selbst wenn das eigene Tor spät und unverdient fiel. Die Lichtblicke waren durchaus erkennbar, so spielte Dominic Maroh defensiv so wie der Dominic Maroh der Vorsaisons: Gradlinig, umsichtig und zweikampfstark. Seine 80% gewonnenen Zweikämpfe sind der Bestwert aller Nürnberger und auf dem Platz war nur Compper mit 88% noch besser im Kampf Mann gegen Mann. Marvin Plattenhardt war trotz seiner Jugend erneut ein weitaus besserer Ersatz als es Pascal Bieler je sein wird, Raphael Schäfer zeigte zweimal wie gut seine Reflexe sind und hielt den FCN damit im Spiel und Mehmet Ekici wirkte tatsächlich weitaus weniger überspielt als in den letzten Wochen.
Es besteht also Hoffnung, dass die Hinrunde doch nicht nur mit Glück zu Ende gebracht wird, sondern die letzten beiden Partien in Liga und Pokal noch einmal einen leichten Aufwärtstrend erkennen lassen können. Dennoch muss auch das Spiel in Hoffenheim als doppelte Warnung dienen: Sicher vor dem Abstieg ist man noch lange nicht und ohne Zukäufe im Offensivbereich ist diese Sicherheit noch weiter entfernt.