Nicht zum ersten Mal hinterließ der Club die Zuschauer ratlos. Was soll man jetzt mit diesem Ergebnis anfangen? Ärgern über die mit dummen Fehlern weggeworfene Führung? Freuen über den Punkt nach 1:3? Eine Einordnung des Spiels fällt extrem schwer, da so grundsätzlich gegensätzliche Eindrücke die Wahrnehmung bestimmen. Wahrscheinlich ist es so am besten zusammengefasst: Das vogelwilde Spiel zweier vogelwilder Defensiven findet am Ende ein vogelwildes Ergebnis: 3:3.
Der französische Philosoph und Literaturtheoretiker Roland Barthes formulierte seine Thesen zur Intertextualität so: Jeder Text ist durch stete Rückbezüge auf Kultur, Literatur und Lebenswelt eigentlich schon immer da gewesen. Er entsteht nicht völlig neu, sondern ist lediglich eine Neuzusammenstellung jener Bezüge. Die Spiele des FCN sind in diesen Wochen eine Untermauerung von Barthes‘ Thesen. Alle Elemente des Spiels kennt man, sie waren alle schon immer da, sie werden nur in jedem Spiel zu neuen Ergebnissen neu kombiniert. Dieses Mal kombinierte man die Spielkultur des Pokalabends, die Chancenverwertung aus dem Frankfurt-Spiel das Ergebnis des Duisburg-Spiels und warf kontroverse Schiedsrichterentscheidungen der gesamten Saison mit in den Topf.
Was ist denn nur der echte FCN? Jener, der am Samstag in Duisburg ein unterirdisches Spiel bot, oder jener, der am Dienstagabend auf furiose und spielerisch überzeugende Art und Weise ins Achtelfinale des DFB-Pokals einzog? Rational wird die Antwort wahrscheinlich irgendwo auf halbem Wege liegen. An diesem Abend sei aber mit Lob nicht gespart. Denn der FCN nahm die Gäste aus dem Rheinland nach allen Regeln der Kunst auseinander.
Wenn das größte Gesprächsthema eines Fußballspiels der modische Fauxpas des Duisburger Trainers ist, ist über das Spiel eigentlich alles gesagt. Gino Lettieri hatte zu einem knallorangen Pullover gegriffen, das wahrscheinlich 1980 bereits aus der Mode gewesen war. Damit hatte Lettieri unwissentlich das beste Symbol für die Partie am Samstagnachmittag gewählt: Unansehnlich, unmodern und am besten schnell vergessen. Das einzig logische Ergebnis war daher auch das 0:0. Beide Teams hielten sich an die innere Logik des Spiels.
Das Heft des Handelns wird im Fußball regelmäßig bemüht, wenn es darum geht, auszudrücken, wer das Spiel bestimmte. Den wenigsten Benutzern der Redewendung wird klar sein, dass es sich dabei gar nicht um ein Heft aus Papier handelt, sondern um einen Waffengriff. Jenen Waffengriff hatte der FCN über 90 Minuten gegen den FSV Frankfurt fest in der Hand und machte das bislang beste Spiel der Saison. In der Nachspielzeit wurde dem Club dann das Heft entrissen und die Waffe direkt ins Herz gebohrt. Der Waffendieb: Florian Heft, Schiedsrichter.