Chaos – SpVgg Greuther Fürth – 1. FC Nürnberg 3:2 (1:1)
Verpfiffen? Ja! Schlecht gespielt? Ja! Zwischen diesen beiden Polen oszilliert die Gefühlswelt des FCN-Fans nach der sehr späten, irgendwie aber nicht völlig unverdienten, Niederlage im 259. Derby. Es ist völlig unstrittig, dass der FCN vom Schiedsrichtergespann mit seinen Entscheidungen vor dem 1:1 und 2:1 extrem benachteiligte. Ebenso ist es aber auch unstrittig, dass der FCN über weite Strecken des Spiels die unterlegene Mannschaft war. Eine Betrachtung des Spiels hängt also irgendwo zwischen Frustration über die Unparteiischen, deren Pfiffe so gar nicht unparteiisch waren und Frustration über die Mannschaft, die so gar nicht als Mannschaft auftrat. .
Denn zunächst einmal war es schlicht und ergreifend zu wenig, was der 1. FC Nürnberg an diesem Nachmittag auf den Platz brachte. Offensiv blieb über große Teile des Spiels die Einzelaktion die Waffe der Wahl. Die führte bei Kerks Vorlage zum 1:0 und Schöpfs Schlenzer zum 2:2 auch zum Erfolg, sie ist aber keine nachhaltige Strategie. Gerade nach dem Führungstreffer verpasste der Club es sich bietende Konter sauber und organisiert auszuspielen. Das Derby wurde wahrscheinlich sogar in den Minuten verloren, in denen man in Führung war. Denn hier ließ man den geschockten Gegner zurückkommen, bot ihm Platz an, das Spiel zu machen und so an Sicherheit gewinnen.
Dies gepaart mit der immer noch extremen Unsicherheit der Club-Abwehr, die durch die Hereinnahme von Sepsi für Leibold einmal mehr verändert wurde, war eine schlechte Kombination. Es ist daher fast schon eine bittere Ironie des Schicksals, dass die Fürther nicht durch eine ihrer zahlreichen herausgespielten Chancen zum Torerfolg kamen, sondern durch einen unberechtigten Freistoß. Hätte es zu diesem Zeitpunkt bereits 3:1 für die Hausherren standen, man hätte sich nicht beschweren dürfen. Doch es stand bis dahin 0:1 und der korrekte Pfiff hätte den Ausgleich zumindest verzögert.
Wie lange wäre wahrscheinlich in einem Kampf der Unfähigkeit zwischen zwei Norwegern ausgefochten worden, der eine, Even Hovland, wollte dem anderen, Veton Berisha, Chancen auflegen, der andere die Einladungen nicht annehmen. Beim 1:1 konnte der Stürmer sich dann aber doch nicht wehren, er traf, das Remis zur Pause war da schon schmeichelhaft für den FCN. Auch nach der Pause spielte nur das Kleeblatt und so war der Treffer zum 2:1 auch folgerichtig, er war nur eben auch irregulär. Weilandt stand bei der Ballabgabe so weit im Abseits, das unklar ist, ob er nicht schon auf Nürnberger Stadtgebiet stand, der Schiedsrichterassistent aber ließ die Fahne unten.
Fast schon kurios wurde es danach als alle im Stadion, Spieler und Schiedsrichter eingeschlossen, nach dem Tor die Wiederholung auf der Videoleinwand ansahen. Jeder, auch Schiedsrichter Zwayer, sah, dass eine Abseitsstellung vorlag, doch auf Grund der Vorgaben von FIFA und DFB durfte Zwayer die Entscheidung nicht revidieren. Der Club wollte diese Revision dann selbst in die Hand nehmen und hatte seine besten 30 Minuten nach dem Gegentor. Das hatte zum einen den Grund, dass René Weiler endlich den völlig indisponierten Kerk vom Feld nahm, zum anderen aber auch mit einem leichten Mentalitätswandel.
Der Willen war nun vorhanden, was fehlte war aber ein Plan diesen Willen auch in sinnvolle Aktionen umzuwandeln. So war nun zwar Bemühen erkennbar, aber keine Struktur im Aufbauspiel. Dass der Ausgleich fünf Minuten vor Schluss dennoch fiel, war dann auch eher der Ballbehauptung und Schusstechnik der beiden Österreicher Burgstaller und Schöpf geschuldet und nicht einer offensiven Spielidee.
Doch statt Remis und Freude über das späte Ausgleichstor, heißt es am Ende dann doch Tristesse und Niederlage. Dies alles dank einer Szene die irgendwie typisch für den Abwehrverband des FCN in dieser Saison bislang ist. Etwas schlafmützig, etwas unentschlossen und äußerst dämlich wie sich die gesamte Defensive da anstellte. Der eine verliert ein Kopfballduell, der andere stellt seinen Körper nicht richtig dagegen und der letzte überlegt zu lange, wohin er laufen muss.
So setzt es die nächste Niederlage gegen Fürth, das zum Angstgegner des FCN avanciert und die Frage, ob das jetzt gerecht war, ungerecht oder irgendwie beides, wird noch einige Zeit nachhängen. Ebenso aber wir nachhängen, dass nach sechs Spielen offensiv noch keinerlei Linie zu erkennen ist und defensiv ständige Wechsel die Spieler eher zu verunsichern scheinen. Viel Zeit wird René Weiler nicht mehr haben, ehe man ihm dies zu Recht ankreidet.