Der perfekte Sturm – 1. FC Kaiserslautern – 1. FC Nürnberg 0:2 (0:1)
Das Englische kennt die Redewendung vom „Perfect Storm“, dem perfekten Sturm; einem Ereignis bei dem alles genauso abläuft, dass es zum größtmöglichen Ergebnis führt. Das Auswärtsspiel in Kaiserslautern könnte als ein solcher perfekter Sturm für die FCN-Anhänger gelten: Eine Mannschaft, die seit Wochen guten Fußball spielt, gutes Wetter, eine relativ geringe Distanz zum Auswärtsspiel, ein traditionsreiches Stadion und Ferienbeginn. Dieser Cocktail sorgte dafür, dass um die 7000 Nürnberger in Kaiserslautern aufschlugen und die Mannschaft, um den perfekten Sturm zu vollenden, zu einem verdienten Sieg schrieen.
Ähnlich perfekt wie die Voraussetzungen, die zahlreiche Glubberer zur Auswärtsfahrt verleiteten, war die Dramaturgie des Spiels. Einer starken, konzentrierten Leistung in den ersten 45 Minuten, folgte die nötige Spannung nach dem Seitenwechsel und die Erlösung in der Nachspielzeit. Die Spielunterbrechung durch Becherwürfe aus der Lauterer Kurve wäre zwar für die Dramaturgie unnötig gewesen, war aber für das Rundumerlebnis ebenso zuträglich wie die Unfähigkeit der Kaiserlauterer Helfer ein Werbebanner richtig in den Mittelkreis zu legen oder die Tatsache, dass nach dem Spiel Marco Kurz‘ Mikrophon bei der Pressekonferenz nicht funktionierte.
Jene Anekdoten aus dem Umfeld des Spiels symbolisieren trefflich wie wenig bei den Gastgebern zusammenlief. Selbst in der Phase zwischen 55. und 75. Minute, in welcher der FCN seine deutlichste Schwächephase hatte, wollte der FCK die Einladungen zum Torerfolg nicht annehmen. Nicht die von Per Nilsson, dem man den Rost von vielen Spielen auf der Bank noch anmerkte, noch die von Raphael Schäfer, der einmal übermotiviert aus seinem Kasten kam, sonst aber mehrere Male souverän klären konnte. Da die Lauterer in diesen Momenten nicht zuschlugen, stand beim Schlusspfiff ein verdienter Sieg des FCN. Ein Sieg, der sich vor allem in der Dominanz der ersten 45 Minuten gründete.
In dieser ersten Halbzeit bot der Glubb eine bärenstarke Leistung dank der enormen Ballsicherheit und des hohen Spieltempos, das an den Tag gelegt wurde. Besonders deutlich wurde dies dann, wenn Timothy Chandler ins Spiel eingebunden wurde. Der US-Nationalspieler bewies einmal mehr, wie gefährlich seine schnellen Flankenläufe sein können. Es war also geradezu logische Konsequenz, dass das Führungstor des FCN durch eine Chandler’sche Flanke entstand. Empfänger der Hereingabe war Christian Eigler, der dank seiner Einsatzbereitschaft einmal mehr unterstrich wie wichtig er für die Mannschaft trotz seiner technischen Limitiertheit ist. Alles andere als technisch limitiert ist dagegen Mehmet Ekici, der auf dem Betzenberg das Heft in die Hand nehmen durfte und das Spiel lenkte; ein wenig wirkte es so, dass Ekici die größeren Freiheiten gegeben durch das Fehlen von Gündogan genoss. Immer wieder trieb der türkische Nationalspieler den Ball vor sich her und versuchte die Mitspieler in Szene zu setzen.
Einziges Manko dieser Phase der Dominanz war, dass sich aus der optischen und tatsächlichen Überlegenheit nur eine geringe Zahl von Torchancen ergaben. Umso wichtiger war es, dass Eigler noch vor der Pause traf und damit auch den Druck auf die Gastgeber erhöhte. Den Druck, dem die Angreifer vor dem Tor von Raphael Schäfer dann auch nicht standhielten. Dass die Pfälzer nicht zu mehr Torchancen kamen, hatte der FCN in seiner Phase erhöhter Passivität allen voran Philipp Wollscheid zu verdanken. Stellungsspiel, Präsenz und Kopfballstärke des 22-jährigen waren einmal mehr vorbildlich. Bleibt der Saarländer mit seinen Leistungen auf diesem sehr hohen Niveau, der FCN wird bald einmal mehr den Fluch der guten Tat spüren und, wie wohl auch bei Ilkay Gündogan, einen von ihm ans Profigeschäft herangeführten Spieler gehen lassen müssen.
Die einzig halbwegs realistische Möglichkeit derartiges zumindest mittelfristig zu verhindern, wäre der Einzug in den europäischen Wettbewerb um Renommee und finanzielle Mittel zu erlangen. Miteintscheidend in dieser Frage dürfte der Ostersonntag werden, wenn der FCN auf eine Wiederholung des perfekten Sturms hofft. Ein Sturm, der den FCN bis nach Europa spülen könnte.