Die letzte Patrone – 1. FC Nürnberg – 1. FC Kaiserslautern 3:2 (2:0)

Die letzte Patrone – 1. FC Nürnberg – 1. FC Kaiserslautern 3:2 (2:0)

Es ist unklar, ob Valerien Ismael sich vor dem Spiel gegen den 1. FC Kaiserslautern im Fundus von Sportvorstand Martin Bader bedient hatte, der in den vergangenen Jahren einen Satz letzte Patronen in seinen – im Gegensatz zu Michael A. Roth rein metaphorischen – Revolver geladen hatte; möglicherweise war es bei Bader auch immer dieselbe letzte Patrone, da ja kein Schuss losging, keine Lösung funktionierte. Ismaels letzte Patrone, ein Aussortieren von Raphael Schäfer, zündete, zunächst mit großem Knall, am Ende etwas leiser. Zum Schluss wäre der Schuss beinahe doch noch nach hinten losgegangen, doch der FCN rettete ein 3:2 gegen einen Aufstiegsaspiranten über die Zeit.

 

Vor allem in der ersten Halbzeit sah es so aus als habe Ismael tatsächlich die elf Spieler gefunden, die am „emotionalisierbarsten“ waren. Mit sehr viel Aggressivität und viel Pressing setzte der Club die Gäste unter Druck und zwang sie immer wieder zu Ballverlusten. Es spielte dem Team natürlich in die Karten, dass genau jener über den am gestrigen Sonntag erstmals das Wort „emotionalisierbar“ fiel, es auch noch war, der mit einem langen Abschlag das 1:0 einleitete. Hinzu kam das Glück einer unglücklichen Kopfballverlängerung durch einen Lauterer, der den Ball schöpf so auflegte, dass er nach einer eleganten Drehung um die eigene Achse zum freistehenden Candeias passen konnte. Dieser schob dann abgeklärt ein.

Die Beschreibung zeigt schon, dass an diesem Abend – vor allem vor der Pause – vieles ein wenig anders war als in den Spielen zuvor. Möglicherweise lag es tatsächlich daran, dass der Mannschaft durch die Aufgabe des Saisonziels Aufstieg Druck genommen wurde. Eventuell hätte ohne Veränderung der Ziele die Nervosität früher durchgeschlagen. Wobei das mehrfache Glück, das Alessandro Schöpf bei seinem 60-Meter-Solo zum 2:0 hold war, nicht allein durch die Änderung der Saisonziele zu erklären ist. Wie Schöpf sich wiederholt vor dem Ballverlust retten konnte, weiß wohl keiner so genau, ebenso wenig, warum Lauterns Demirbay Schöpf den Ball an der Mittellinie überließ.

Als Rakovsky kurz nach der Pause einen Kopfball von Lakic sensationell parierte und Schöpf kurz darauf nach einem weiteren Solo per Fernschuss das 3:0 erzielte hatte, hätte man glauben können, Ismaels letzte Patrone hätte vollends durchschlagenden Erfolg gehabt. Doch dann setzte plötzlich wieder die „Morbus Club“ ein. Das Aufbauspiel wurde fahriger, die Abstände in der Abwehr tiefer und die Außenverteidiger nachlässiger. Als Lautern dann zum Anschluss kam, merkte man: Die psychologische Schwäche, die der FCN nach Gegentoren zeigt, war auch durch einen Wechsel zur „Emotionalisierung“ nicht völlig weggewischt.

Der FCK kam nicht viel später nach einer erneuten Fehlerkette der Außenverteidiger zum 3:2 und böse Erinnerungen das letzte Spiel unter Leitung von Schiedsrichter Kinhöfer wurden wach. Plötzlich war die Club-Abwehr wieder anfällig, die Lauterer kamen zu Halbchancen und der FCN spielte seine Konter (vor allem in der Person des eingewechselten Peniel Mlapa) nicht gefährlich genug aus. Man konnte sich fragen, ob das intensive Pressing und die hohe Intensität, die den FCN zum 3:0 getragen hatten, am Ende zu kraftraubend waren, um nun noch etwas entgegen zu setzen. Doch das 3:3 fiel nicht. Es fiel nicht, weil Lautern zu einfallslos war und weil der Club es schaffte – auch dank der Einwechslung von Even Hovland – das Abwehrzentrum dicht zu machen, so dass die Flanken der Gäste wirkungslos blieben.

So schaffte der FCN am Ende den dritten Dreier, den zweiten ohne Schäfer und den ersten seit Berlin. Rein sportlich lässt sich der Erfolg sicher mit dem starken Pressing, mit der Laufbereitschaft und der Intensität erklären, mit der das Spiel geführt wurde. Das muss man auch dem an dieser Stelle schon abgeschriebenen Ismael zu Gute halten. Psychologisch könnte darüber hinaus ein Sieg trotz Gegentor durchaus noch besser sein als ein Kantersieg wie in Berlin. Er zeigt der Mannschaft, dass man trotz Rückschlag positive Erlebnisse haben kann. Ob dieses positive Erlebnis auch ohne die letzte Patrone funktioniert hätte? Man weiß es nicht, sie hat jedenfalls gezündet, die letzte Patrone.