Hauptschuldige – 1. FC Nürnberg – SC Freiburg 1:2 (1:1)
Beim Schlusspfiff waren die zwei Hauptschuldigen schnell gefunden. Der eine brach weinend zusammen, der andere flüchtete unter Regenschirmen aus dem Innenraum. So unterschiedlich die Abgänge, so gleich doch das Gefühl, das sich unter den Club-Fans einschlich: Die Niederlage haben wir den beiden zu verdanken. Timm Klose, dessen fatales Rückspiel den Elfmeter zum 1:2 einleitete und Christian Dingert, der dem FCN ein Tor aberkannt hatte. Die Reaktion ist kurzfristig verständlich, langfristig darf sie nicht der Einsicht im Weg stehen, dass der FCN mit dieser Niederlage mitten im Abstiegskampf steckt. Vor allem aber auch der Einsicht, dass der FCN mit einer Leistung wie am Samstagnachmittag diesen Kampf verlieren kann.
Es waren wieder einmal die individuellen Fehler, die am Ende die Punkte kosteten. Die von Raphael Schäfer, der beim ersten Gegentor irgendwo im Niemandsland umherirrte, und von Timm Klose, der den Ball vor dem zweiten Gegentor Jan Rosenthal in den Lauf köpfte. Aber auch die von Javier Pinola, der Papiss Cissé völlig frei stehend zum Kopfball kommen lässt, von Tomas Pekhart, der nach 20 Minuten den Ball neben das Tor setzen und von Mike Frantz, der einen aussichtsreichen Konter mit einem unmotivierten Fernschuss abschloss. Die Freiburger waren keineswegs besser, sie begingen nur den einen Fehler weniger, so dass sie zum dritten Mal in Folge in Nürnberg als Sieger vom Platz gingen.
Es steht außer Frage, dass das Spiel in seinem Verlauf denkbar ungünstig war. Auf eine zähe Anfangsphase folgte ein Tor von Mike Frantz, das von einer wunderbaren Einzelaktion, des besten FCN-Spielers des Nachmittags, Alexander Esswein, eingeleitet wurde. Statt das nervöse Publikum und das eigene Spiel zu konsolidieren und Freiburg aus der Deckung zu locken, kassierte der FCN aber postwendend einen kuriosen Ausgleich – begünstigt durch den erwähnten Stellungsfehler Schäfers. Das Spiel stand aber nun nicht wieder auf Null, viel mehr hatten die Freiburger mehr Selbstvertrauen und das Publikum war noch nervöser als zuvor, quittierte noch schneller Unsicherheiten mit Pfiffen.
In diesem Moment erwies es sich womöglich doch als Fehler das Team auf gleich fünf Positionen umgebaut zu haben. Der eh schon schleppende Spielrhythmus wurde durch die vier neuen Feldspieler und den neuen Torwart noch weiter ins Stocken gebracht, auch wenn der Wille ein Tor zu erzielen zu spüren war, war er nie als Summe zu spüren, sondern nur als Ansammlung von Einzelwillen. Man merkte, dass Pekhart, Esswein, Frantz und Eigler Tore schießen wollten, nur nicht, dass sie dies zusammen erreichen wollten. So entwickelte sich ein fahriges Spiel, in dem wenige Pässe ihr Ziel fanden und die offensive Gefahr stets von Einzelaktionen ausging.
Dabei war mit dem 1:0-Führungstreffer eigentlich die Schwachstelle der Freiburger ausgemacht: Rechtsverteidiger Andreas Hinkel, einst Nationalspieler, kam mit der Geschwindigkeit und Ballfertigkeit von Alexander Esswein zu keinem Zeitpunkt zurecht, doch statt Esswein mit Anspielen in den Lauf zu füttern, verhungerte der U21-Nationalspieler. Eines der wenigen Male, dass das Zuspiel auf Esswein funktionierte, führte gleich zu einer Verwarnung für Hinkel, ein weiterer Beweis für die Plausibilität der Theorie, dass mehr Anspiele auf Esswein größere Gefahr bedeutet hätten. So musste Esswein sich die Bälle selbst ein ums andere Mal im Mittelfeld oder gar noch weiter hinten holen. Verbunden damit war natürlich auch ein Kraftverlust, der am Ende des Spiels auf Kosten der Präzision ging.
Präzision, die er beim vermeintlichen 2:1-Führungstreffer auch nicht hatte, aber auch nicht benötigte, da der Ball von einem Verteidiger abgefälscht wurde. Der Schiedsrichter sah jedoch in der passiven Abseitsstellung von Pekhart eine Sichtbehinderung für Torwart Baumann und somit ein aktives Eingreifen. Die Tatsache, dass Baumann, um auf den abgefälschten Ball auch bei klarster Sicht reagieren zu können, wohl die Reaktionszeit einer Chamäleonszunge benötigt hätte, spielte bei der Bewertung der Situation keine Rolle. Dem Regelwerk gemäß war die Entscheidung wohl vertretbar. Die Tatsache, dass sie gegen den FCN fällt, wirkt aber wie ein Indiz für die bevorstehende schwere Saison.
Dass der Rest der Saison ein langer Kampf werden wird, das steht nach diesem Samstag und der Niederlage gegen den zuvor auswärts sieglosen Tabellenletzten außer Frage. Es wird sich nun nach der Länderspielpause zeigen, in wie weit die Mannschaft mit dem Druck, der durch diesen Kampf entsteht umgehen kann. Die Anzeichen nach dem heutigen Nachmittag sehen nicht gut aus, zu nervös, zu fahrig, zu unkonzentriert, zu wenig der Aufgabe gewachsen wirkten die Spieler. Und so waren sie am Ende eigentlich alle Hauptschuldige und nicht nur einer, der am Ende weinte.