Hoffnung und Selbstvertrauen – Bayer 04 Leverkusen – 1. FC Nürnberg 0:3 (0:2)

Hoffnung und Selbstvertrauen – Bayer 04 Leverkusen – 1. FC Nürnberg 0:3 (0:2)

Der geneigte Mitfahrer hatte bei den Auswärtsspielen des 1. FC Nürnberg so einiges erleben dürfen, eines jedoch seit Ende Oktober nicht mehr: Ein Tor des FCN. Als sich dies nach acht Minuten in Leverkusen dank Daniel Didavi geändert hatte, konnte man freilich noch nicht ahnen, dass am Ende der neunzig Minuten zwei weitere Jubelmomente folgen sollten. Noch weniger konnte man ahnen, dass 82 Minuten nach Didavis Führungstor ein völlig ungefährdeter 3:0-Erfolg des FCN auf der Anzeigetafel leuchten würde. Ebenso wenig konnte man ahnen, dass nur eine Woche nach der schlechtesten Saisonleistung die beste Leistung folgen würde. Eine Leistung, die durch großes Engagement in allen Mannschaftsteilen und eine hervorragende Einstellung erreicht wurde.

So sehr an dieser Stelle Dieter Hecking in den letzten Wochen kritisiert wurde, so sehr muss man ihn nach diesem Auftritt loben, denn nicht nur der Mannschaft, sondern auch dem Trainer gebührt nach diesem Auftritt eindeutiges Lob. Auf die Idee Markus Feulner als Rechtsverteidiger einzusetzen wären wohl nicht viele gekommen. Doch der 29-Jährige verrichtete seine Arbeit in der Viererkette äußerst ordentlich, gewann viele Bodenzweikämpfe und schaltete sich mit laufender Spieldauer sogar ins Offensivspiel ein. Ärgerlich nur, dass er diese Rolle gegen Hertha BSC nicht ausführen kann, da er die fünfte Gelbe Karte kassierte, weil er nach dem Schiedsrichterpfiff weiter gespielt hatte.

 

So ärgerlich die Karte war, ihre Entstehung steht symbolisch für den unbedingten Willen, den die Mannschaft an den Tag legte, auch dies nicht zuletzt ein Verdienst ihres Trainers. Die Cluberer waren so präsent in den Zweikämpfen, so aggressiv im Pressing wie zu Beginn der Saison und stellten die Werkself damit für unlösbare Aufgaben. Es erwies sich auch als vorteilhaft, dass Hecking Almog Cohen wieder ins Team genommen hatte, der Israeli frustrierte Alt-Star Ballack so sehr, dass der sich in der zweiten Halbzeit weiter zurückziehen musste, um den Fängen des Wadenbeißers Cohen zu entkommen. Auch Cohens Partner im defensiven Mittelfeld, Timmy Simons, agierte so wie man es eigentlich von ihm gewohnt ist, zuverlässig, kämpferisch und laufstark.

 

Nachdem genau diese Qualitäten – Kampfkraft und Aggressivität – am kommenden Dienstag gefragt sein werden, lässt sich plötzlich auch etwas zuversichtlicher in Richtung Pokalspiel blicken. Noch zuversichtlicher macht da die Tatsache, dass Tomas Pekhart endlich zu seinem vierten Saisontor kommen konnte. Es besteht die Hoffnung, dass der Tscheche nun nicht mehr nur durch seine enorme Laufarbeit, sondern auch wieder durch Tore auffällt. Ebenfalls unter die Kategorie Hoffnung fallen die Standards von Marvin Plattenhardt, die in Leverkusen eine besondere Gefährlichkeit entwickelten. Auch wenn der Linksverteidiger sonst leistungsmäßig in einer starken Mannschaft abfiel – nur drei seiner neun Zweikämpfe gewann und sich immer wieder überlaufen ließ – bereitete der 19-Jährige zwei der drei Tore mit seinen Ecken vor.

 

Es hätten sogar noch mehr Tore nach Ecken sein können, hätte Philipp Wollscheid den Ball mit dem Kopf besser nach unten drücken können. Diese Minimalkritik muss aber an diesem Samstagnachmittag die einzige an beiden Innenverteidigern bleiben. Mit Ruhe und Gelassenheit räumten Wollscheid und sein Partner Dominic Maroh aus der Luft alles ab, was es abzuräumen gab. Sie verteidigten gegen die sicher nicht untalentierte Leverkusener Offensive auf höchstem Niveau und verloren insgesamt nur knapp zwanzig Prozent ihrer Zweikämpfe. Nicht nur ein weiterer Hoffnungsschimmer für Dienstag, sondern auch eine klare Antwort von Wollscheid auf die Frage, ob er durch den Wechsel zum Gegner nach Saisonende besonders beeinflusst sei. Wenn ja, dann nur positiv. Überhaupt wirkt der 22-Jährige seit der Bekanntgabe seines Wechsels wieder sicherer und souveräner.

 

Sicher und souverän sind auch Adjektive die an diesem Nachmittag Raphael Schäfer beschreiben könnte, der Kapitän des FCN hielt einmal mit einem Weltklassereflex gegen Eren Derdiyok und ließ auch so keinerlei Unsicherheiten erkennen. Natürlich auch weil der Defensivverbund wenig klare Torchancen für die Gastgeber zuließ. Umso bemerkenswerter war es, dass Schäfer dann da war, als man ihn brauchte. Eine Beschreibung, die an diesem Nachmittag auf die ganze Mannschaft, also auch auf den bereits in Derby-Modus befindlichen Christian Eigler und den hochmotivierten und engagierten Torschützen Jens Hegeler, zutrifft. Der Nachmittag am Rhein zeigte, wie viel mit dieser Mannschaft möglich ist, wenn sie ihre Chancen konsequent nutzt.

 

Es war bei Lichte betrachtet nämlich gar kein so großer Unterschied zum vorausgegangenen Auswärtsspiel in Hamburg, es war lediglich ein frühes Tor und damit verbundene Sicherheit im Spiel, die den Unterschied machten. So wurde mit größerer Sicherheit und Gelassenheit verteidigt und es konnte eine gewissen Unaufgeregtheit ins Spiel einziehen. Das soll nicht darüber hinweg täuschen, dass die Fehlpassquote erneut bei knapp dreißig Prozent lag, das Spiel nach vorne früh den Defensivbemühungen geopfert wurde und man auch davon profitierte, dass Leverkusen die zwei Drittel Ballbesitz nicht produktiv verwerten konnte. Es gibt aber gibt aber der Mannschaft Selbstvertrauen und den Fans Hoffnung. Hoffnung auf einen versöhnlichen Jahresabschluss mit einem Derby-Sieg als Weihnachtsgeschenk.