Je älter, desto besser? – TSV 1860 München – 1. FC Nürnberg 0:1 (0:1)
Der Spruch, dass Wein mit dem Alter besser wird, erweist sich bei näherer Betrachtung nicht als allgemeingültig. Auf Raphael Schäfer aber scheint er zuzutreffen. Mit 37 Jahren liefert der Torwart seit Wochen konstant gute Leistungen ab. Am Samstagnachmittag in München steigerte er sich noch einmal und lieferte eine Leistung ab, die nur mit dem Attribut Weltklasse zu beschreiben ist. Dass die Gastgeber nicht trafen lag fast ausschließlich am ältesten Club-Spieler; dass sie das Spiel verloren, am Traumtor des jüngsten Club-Spielers. Patrick Erras schlenzte den Ball aus achtzehn Metern in den Winkel und der Club blieb damit auch im zehnten Spiel mit Erras auf dem Feld unbesiegt.
Die Löwen dürfen sich durchaus ärgern, dass sie aus dem Spiel nichts Zählbares mitnehmen konnten. Sie waren vor allem vor der Pause das deutlich überlegene Team, investierten sehr viel und kamen zu zahlreichen Chancen. Immer wieder setzen sie durch extrem schnelles Umschaltspiel die Club-Abwehr unter Druck, insbesondere die linke Abwehrseite kam mit diesem Tempo kaum zurecht und war oft zu weit weg vom Gegenspieler. Doch zum Torerfolg kamen die Gastgeber eben nicht, da Raphael Schäfer jeden Ball hielt, der auf sein Tor kam.
Selbst schoss der Club vor der Pause nur selten aufs Tor, die Angriffe liefen aber vor allem über die rechte Seite, selbst wenn das Spiel insgesamt an Neuzugang Stieber vorbei lief, war der Ungar doch an der gefährlichsten Aktion des FCN beteiligt. Er war es, der den Ball von Brecko bekam und auf Burgstaller weiterleitete, ehe dieser mit Übersicht Erras vor dessen Tor bediente. Auch die zweite große Chance durch Füllkrug entstand dank der etablierten Rechtsaußenkräfte Burgstaller und Brecko.
Auch wenn sie weiterhin zu Gelegenheiten kamen, schwanden den Gastgebern nach der Pause doch sichtlich schnell die Kräfte. Das laufintensive und temporeiche Spiel der ersten 45 Minuten konnten die Münchner nicht mehr gehen, auch weil der FCN nun etwas sicherer und überlegter agierte. Er versuchte den Ball nun mehr vom Tor wegzuhalten und insgesamt weniger schnelle Gegenstöße zuzulassen. Dies gelang über weite Strecken, die Chancen, die Sechzig dennoch hatte, vereitelte Raphael Schäfer. Nach vorne ging dagegen außer ein paar Nadelstichen recht wenig. Erst nach der Hereinnahme von Sebastian Kerk konnte der Club etwas gefährlicher werden. Ein starkes Solo der Leihgabe aus Freiburg hatte zur Folge, dass Burgstaller frei vor dem quasi leeren Tor der Gastgeber auftauchte. Er setzte den Ball aber über die Querlatte.
Der Club gewann dennoch, da er eben auch in der Schlussphase noch auf Raphael Schäfer bauen konnte und weil er dann auch abgezockt und überlegt agierte. Weder von einigen zweifelhaften Zweikampfbewertungen noch von den völlig überzogenen vier Minuten Nachspielzeit ließ der FCN sich aus dem Konzept bringen. Behrens suchte die Eckfahne, Leibold und Burgstaller nahmen nach Fouls Zeit von der Uhr und brachten so den sechsten Sieg in Folge über die Zeit. Sicherlich kein verdienter Erfolg, aber ein besonders wichtiger. Nur noch zwei Punkte beträgt nun der Rückstand auf den direkten Aufstiegsplatz, angesichts der Ausfälle beim direkten Konkurrenten aus Freiburg durchaus noch aufholbar.
Dennoch darf der Erfolg nicht die aufgezeigten Defensivschwächen überdecken, nicht nur die Löwen haben ein schnelles direktes Spiel in die Spitze, sondern auch der kommende Gegner aus Bochum. Wenn hier keine Anpassungen in der Ordnung vorgenommen werden und eine gesteigerte Aufmerksamkeit auf die Rückwärtsbewegung bei Gegenstößen gelegt wird, wird es wahrscheinlich keinen so glimpflichen Ausgang wie an diesem Samstag geben. Es sei denn Raphael Schäfers Qualität steigt weiter mit wachsendem Lebensalter.