Kalte Zahlen – VfL Wolfsburg – 1. FC Nürnberg 1:2 (1:1)

Kalte Zahlen – VfL Wolfsburg – 1. FC Nürnberg 1:2 (1:1)

Manchmal erzählt ein Blick auf die pure Notation eines Spiels nichts; nichts vom Drama, nichts von der Emotion, nichts von der Geschichte des Spiels. Manchmal aber lässt schon aus der sterilen, kalten Statistik schon alles erahnen: Cohen (90.+1 Nilsson) (…) 1:2 Nilsson (90.+2). Aus jener Stenografie lässt sich der Jubel, die Extase, das ungläubige Staunen bereits erahnen mit dem Glubberer allerorten auf den Last-Minute-Sieg in Wolfsburg reagiert haben dürften. Es war nicht der erste Sieg dieser Art in dieser Saison, auch nicht der erste dieser Art in Wolfsburg, dennoch drückt der Sieg etwas besonderes aus: Die Reifung der Mannschaft und ihre Fähigkeit nun auch Spiele zu gewinnen, in denen sie nicht gut spielt.

 

 

Denn allen berechtigten Jubels und aller ungebrochenen Freude zum Trotz darf nicht vergessen werden, dass die drei Punkte in der ehemaligen „Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben“ wohl die unberechtigsten für den FCN in dieser Spielzeit waren. Über weite Strecken des Spiels waren es die Gastgeber, die das Spiel bestimmten und auch die besseren Chancen hatten. Dabei scheiterten sie zum einen an ihrer eigenen Unkonzentriertheit, zum anderen aber auch an Raphael Schäfer, der wiederholt richtig stand und parieren konnte.

 

Besonders auffällig war, dass nahezu alle gefährlichen Angriffe der Wolfsburger über die Außen und durch die Luft vorgetragen wurden. Mbokani kam nach einer Viertelstunde ebenso frei vor Schäfer zum Kopfball wie Diego nach knapp vierzig Minuten nur knapp mit dem Kopf verpasste. Ebenso köpfte Mandzukic zwanzig Minuten vor Ende Schäfer in die Arme und auch Grafites Großchance und Koos zurecht aberkanntes Tor wurden über die Außen eingeleitet. Gepaart mit der Tatsache, dass dies auch für Mandzukic‘ Führungstreffer gilt, legt dies den Schluss nahe, dass die Innenverteidigung im Gegensatz zu den vorangegangen Auftritten insgesamt schlechter postiert war.

 

Gleichzeitig muss aber auch konstatiert werden, dass die Außenverteidiger mehr Flanken in den Rücken der Abwehr zuließen als in den vorherigen Partien. Dies passt ins Bild einer insgesamt eher fahrigen Leistung, die jedoch immer noch meilenweit entfernt war von denen aus der schwarzen Serie im vergangenen November. Denn auch im Spiel nach vorne blieb der Club über weite Strecken vieles schuldig. Herausgespielte Chancen blieben Mangelware, der in der Vorwoche noch überragende Christian Eigler war völlig aus dem Spiel genommen und auch Mehmet Ekici und Ilkay Gündogan, der sein Rückrundenstartelfdebüt gab, blieben ungewöhnlich blass.

 

So war es nur folgerichtig, dass beide Tore für den FCN aus Standardsituationen herrührten. Doch darin endeten die Gemeinsamkeiten der beiden Treffer keineswegs: Beide Male fielen die Treffer mit dem Kopf, beide Male senkte sich der Ball in die lange Ecke, beide Male war die reguläre Spielzeit der Halbzeit bereits abgelaufen, beide Male hieß der Vorlagengeber Mehmet Ekici und beide Male war der Torschütze ein Innenverteidiger. Zum Ende der ersten Halbzeit kam Philipp Wollscheid zu seinem zweiten, zum Ende der zweiten Per Nilsson zu seinem ersten Bundesligator.

 

Es ist bezeichnend dafür wie gut es beim 1. FC Nürnberg in diesen Tagen läuft, dass Per Nilsson der Siegtorschützen war. Nilsson war eigentlich eingewechselt worden, um die drohende Niederlage gegen anrennende Wolfsburger zu verhindern, so besorgt war Hecking und waren auch die Fans, ob der Überlegenheit der Niedersachsen. Daher gab es auch nicht wenige Fans die leise fluchten wegen der Tatsache, dass Ekici den Eckball nicht kurz zu Mak spielte, um Zeit zu schinden, nicht versuchte das Remis zu sichern.

 

Stattdessen flankte der 20-Jährige in die Mitte, wo sich Nilsson gekonnt in Position gelaufen hatte und die Kugel im gegnerischen Gehäuse versenkte. So standen am Ende drei Punkte statt einem auf der Habenseite des FCN, der damit zur besten Rückrundenmannschaft avancierte; wieder etwas, das man der kalten Statistik entnehmen kann. Den Jubel und die Freude darüber, die muss man jedoch spüren, dafür gibt es keine Zahlen.