Kein Klassenunterschied – Erzgebirge Aue – 1. FC Nürnberg 1:2 (0:0)
Ein Vorwurf der letzten Wochen war nach dem Abpfiff in Aue nicht mehr haltbar: Mangelnde Chancenauswertung. Recht viel mehr Torchancen als diejenigen, die zur zwischenzeitlichen 2:0-Führung führten hatte der FCN in den 90 Minuten der zweiten DFB-Pokal-Runde nicht. Dass das Team trotzdem im Achtelfinale steht, macht also Hoffnung. Manches andere in der Partie jedoch nicht. Es war nämlich über weite Strecken des Spiel kaum ein Unterschied zwischen Erst- und Zweitligist festzustellen, der Sieg des FCN war am Ende mindestens glücklich, wenn nicht sogar unverdient.
Festzumachen ist dies nicht zuletzt an der Feldüberlegenheit der Sachsen, die nach 25 Minuten die Kontrolle über das Spiel übernahmen und sie nur für fünf Minuten in der zweiten Halbzeit wieder hergaben. Der Glubb blieb über weite Phasen des Spiels bei den Pässen nur Zuschauer und in den Zweikämpfen nur zweiter Sieger. Einzig der letzte Pass, das letzte Zuspiel vor dem gegnerischen Gehäuse gelang den Gastgebern nicht und so standen sie vor dem Problem, das sonst den 1. FC Nürnberg befällt. Optische Überlegenheit, die sich nicht in Toren niederschlägt.
Man kann nun die Tatsache, dass der FCN dieses Spiel dennoch gewann in der üblichen DFB-Pokal-Logik auswerten. Der klassenhöhere Verein setzt sich auf Grund der größeren Klasse am Ende durch. Bezogen auf die individuellen Fähigkeiten des Club lässt sich gegen diese Interpretation auch nichts einwenden. Allein Alexander Esswein zeigte bei seinem Sololauf zum 1:0 welche individuelle Klasse in ihm steckt. Der Sprint, die Bewegungen und der Abschluss waren in dieser Form von keinem der Auer Spieler zu sehen. Ebenso lässt sich Julian Wießmeiers Schusstechnik beim 2:0 ins Feld führen. Der 19-Jährige setzte den Ball gekonnt genau neben den Pfosten, in einer Art und Weise, die fast ein wenig an Marek Mintal erinnerte.
Genauso zulässig ist jedoch die Interpretation, dass das Spiel symptomatisch für die schwelende spielerische Krise beim FCN ist. Erneut kassierte die Abwehr ein Gegentor nach einem langen diagonalen Ball auf den langen Pfosten, erneut hing das Spiel nach vorne von Einzelaktionen ab, erneut gab es eine enorme Häufung an Fehlern im Spielaufbau. Das alles ist nicht neu, dennoch ist es bedenklich, dass diese altbekannten Schwächen auch gegen einen Mittelklasse-Zweitligisten zu Tage treten. Selbstverständlich darf nicht vergessen werden, wie groß das Lazarett des Glubb inzwischen ist und dass sich an diesem Abend wohl erneut Albert Bunjaku hinzugesellt haben dürfte. Dennoch hätte etwas mehr Souveränität Fans wie Mannschaft mit mehr Sicherheit für kommende Aufgaben versorgt.
Diese fehlende Souveränität hatte zum Teil an diesem Abend auch mit einer Tatsache zu tun, die so bislang noch nicht aufgetreten war: Einem höchst ungeschickten Zweikampfverhalten. Sowohl die Stürmer, die sich mit krudem Körpereinsatz mehrfach um aussichtsreiche Gelegenheiten brachten, als auch die Abwehrspieler, die durch schlecht getimte Tacklings immer wieder gefährliche Standards provozierten, wussten nicht so recht mit ihrem Körper umzugehen.
Vielleicht lag dieses bislang unbekannte Verhalten ja an einer bislang auch noch unbekannten Ablenkung: Den Trikots der Mitspieler. Der Glubb lief aus unerfindlichen Gründen in den orange-farbigen Ausweichtrikots auf. Womöglich sollten die Jerseys ja Erinnerungen an die holländische Nationalmannschaft wecken und so die Spieler zum Kombinationsfußball animieren. Tatsächlich schien die Assoziation der Akteure eher in Richtung Abfallwirtschaft zu gehen.
Aller Kritik zum Trotz steht am Ende natürlich der Einzug ins Achtelfinale des DFB-Pokal und das ist am Ende des Abends auch das, was zählt. In der Pokalsiegersaison gab es in der zweiten Runde auch ein rechtes Gegurke bei einem Zweitligisten, womöglich ist also dieses Spiel sogar ein gutes Omen.