Kein perfektes Spiel – 1. FC Nürnberg – Borussia Mönchengladbach 0:1 (0:1)
Kein perfektes Spiel, so beschrieb Dieter Hecking nach dem Abpfiff das Spiel des FCN gegen den Tabellenletzten aus Gladbach, schließlich würden dazu zwei gute Mannschaften und ein überzeugendes Schiedsrichterteam gehören. Zwar war klar erkennbar, dass der Club-Trainer damit in erster Linie einen Seitenhieb gegen Babak Rafati, den völlig überforderten Schiedsrichter, ausführte, aber die ebenso berechtigte Kritik an seiner Mannschaft war mit eingeschlossen. Denn bei aller Aufregung über die katastrophale Schiedsrichterleistung darf nicht vergessen werden, wie wenig der Glubb gerade in der Offensive zustande brachte.
Es steht außer Frage, dass das Spiel anders verlaufen wäre, wenn Rafati in der ersten Halbzeit schon den Elfmeter für Nürnberg pfeift oder Mendlers Tor die Anerkennung nicht verweigert. Doch viele Aspekte der Diskussion wären müßig, hätte der FCN im Spiel nach vorne mehr Durchschlagskraft gezeigt. Eine entscheidende Schwäche war das Flügelspiel. Gleich drei Dinge fielen auf am Flügelspiel des FCN: Zuvorderst die unglaublich schwachen Flanken, die von außen hereinkamen. Von insgesamt 30 Flanken fanden nur sieben ihr Ziel, das heißt 23 Mal segelte eine Flanke ins Nichts. Druck auf die Abwehr kann man so nicht aufbauen.
Zum zweiten wurden die Flanken kaum von der Grundlinie geschlagen, stattdessen kamen sie meist aus dem Halbfeld, kaum von hinter der Strafraumlinie. Das Positionieren gegen solche Flanken ist meist einfacher, weil der Abwehrspieler sich dadurch, dass die Flanke von vorne kommt schneller auf die Flanke einstellen kann. Zum dritten wurden die Bälle auf die Flügel meist mit erstaunlich wenig Tempo und Präzision gespielt. Oft mussten die Ballempfänger abstoppen oder zumindest ihre Laufgeschwindigkeit drosseln, weil ihnen der Pass in den Rücken und nicht in den Lauf gespielt wurde.
So fiel es den Borussen leicht sich gegen die Angriffe des FCN zur Wehr zu setzen, auch weil parallel zum schwachen Flügelspiel in der Mitte Julian Schieber sich meist allein mit zwei oder drei Abwehrspielern herumschlagen musste. Dies funktioniert dann, wenn Schieber durch die Bindung von Abwehrspielern den Weg für andere Angreifer frei macht, doch selbst als in der Schlussviertelstunde mit Okotie, Eigler und Mendler drei weitere gelernte Stürmer auf dem Platz standen, tummelten die sich alle weit ab vom Zentrum und verpassten es Schieber zu unterstützen.
Überhaupt blieben alle drei Einwechselspieler äußerst blass: Rubin Okotie fiel nur durch zwei Ballverstolperer und sein Marco-Engelhardt-Marcel-Risse-Gedächtnishaarband auf; Markus Mendler schoss zwar ein wohl reguläres Tor, zeigte aber dennoch zu keinem Zeitpunkt, warum er in den vergangenen Wochen so hoch gelobt wurde, was seinen Höhepunkt in ein Dribbling direkt ins Aus fand; Christian Eigler war Christian Eigler. Obwohl die grundsätzliche Überlegung hinter den Auswechslungen zu verstehen war, bleibt die Frage, ob in einer derartigen Situation, nicht doch eine Herausnahme von Timmy Simons die bessere Variante wäre.
Der Belgier hat bislang jede Minute der Saison für den FCN gespielt und ist in der Arbeit nach hinten ein enorm wichtiger Mann. Doch in einer derartigen Phase ist er für die einzige Angriffsform, die der Gegner noch hat, den Konter, eindeutig zu langsam – die fehlende Geschwindigkeit bewies Simons auch beim Gegentor, als ihm Neustädter davon lief – und für die wichtige Aufgabe des Ballverteilens nicht präzise genug im Abspiel. Natürlich lässt sich der Beweis nicht antreten, dass es genügen würde in den letzten Minuten eines derartigen Powerplays mit Jens Hegeler auf der Sechs zu spielen, es erscheint jedoch als ein überlegenswertes Gedankenspiel für kommende Versuche einen späten Ausgleich zu erzielen.
Die beste Chance diesen Ausgleich zu erzielen hatte natürlich Javier Pinola, der vier Minuten vor Schluss einen Elfmeter verschoss. Dieser war zwar hart getreten, aber dadurch, dass er halbhoch war für Heimeroth leicht zu parieren. Nach Andy Wolf gegen Kaiserslautern war dies nun der zweite Abwehrspieler, der in der Schlussphase eines Heimspiels, in dem man zurückliegt, einen Strafstoß verschießt. Es stellt sich daher die Frage, ob die Auswahl von Defensivschützen als Elfmeterschützen wirklich eine weise Entscheidung ist. Es muss doch auch unter denen, die öfter in Richtung Tor schießen, jemanden mit dem Mut geben einen Elfmeter zu treten, schlechter als Pinola und Wolf kann dieser sich auch nicht anstellen.
So bleibt am Ende eine unnötige Niederlage, für welche die Schuld nicht alleine beim Schiedsrichter gesucht werden kann. Eine Niederlage, die eine Rückrunde einleitet, die schnell vom entspannten Arbeiten in Abstiegsgefahr umschlagen kann, wenn das Spiel nach vorne weiterhin so lahmt wie gegen Mönchengladbach. Noch ist das Punktepolster nach hinten nicht zu groß, nicht zu komfortabel, um es auszubauen bedarf es wahrscheinlich nicht einmal eines perfekten Spiels, auch wenn Dieter Hecking dies natürlich gern sehen würde.