Muster an Beständigkeit – FC Schalke 04 – 1. FC Nürnberg 4:0 (2:0)
An einem Wochenende, an dem in der ganzen Liga vieles ungewöhnlich und manches einzigartig war, lieferte der FCN einmal mehr ein Muster an Beständigkeit. Wieder einmal führten eine Reihe von individuellen Fehler und fehlende defensive Organisation zu einer Niederlage, wieder einmal holte der FCN keine Punkte, wieder einmal wurde der FCN von einem Team von den vorderen Plätzen zerlegt. Besserung ist nach dem defensiven Offenbarungseid auf Schalke nicht zu erwarten, es bleibt das Prinzip Hoffnung, dass die Parallelen zur Saison 2007/08 nicht dort hinführen, wo sie damals endeten: In der Zweiten Liga.
Die Angst, dass dies passieren wird, ist nach den Eindrücken des Samstagnachmittags auf Schalke aber berechtigt. Mit dem ersten Torschuss des Gegners ein Tor zu kassieren, kann passieren, passiert dem FCN aber zu häufig und war auf Schalke auch der Ausdruck kompletter Unordnung im Defensivverbund. Es ist völlig in Ordnung, wenn Philipp Wollscheid versucht das Spiel zu machen, da die Impulse im Mittelfeld rar gesäht sind und die Verteidigung des Gegners ihm den Platz gibt. Es ist aber nicht in Ordnung, wenn Wollscheid diesen Freiraum für einen Dusan-Petkovic-Gedächtnispass nutzt, Timmy Simons, der Wollscheids Position als IV übernimmt, dann weder die Grundschnelligkeit, noch den Positionssinn hat, den Schalke Angriff zu unterbinden und Timm Klose irgendwo hinläuft, aber nicht in Richtung des Ballführenden.
Derartige Ketten von individuellen Fehlern verteilten sich strategisch geschickt über die gesamte Spieldauer und sorgten so für das in der Höhe auch verdiente 4:0 der Schalker. Es war sicher nicht unbedingt zu erwarten gewesen, dass der Glubb seine Negativserie in Gelsenkirchen beenden würde, doch die Art und Weise der Niederlage war dennoch eine Überraschung. Die Mannschaft wirkte über weite Strecken seltsam mut-, kraft- und antriebslos.Sinnbildlich dafür das vierte Gegentor, bei dem Timmy Simons einen Ball, der lange in der Luft war, nicht kontrolliert wegschlagen konnte, und kurz darauf Philipp Wollscheid zur schönsten Luftgrätsche des 21. Jahrhunderts ansetzte.
Dass an diesem Nachmittag immer wieder die selben Namen (Wollscheid, Klose, Simons) in der Fehleranalyse fallen, soll kein An-den-Pranger-Stellen einzelner sein. Es ist viel mehr ein Ausdruck dafür, dass diejenigen, die den meisten Druck in einem Fußballspiel abbekommen, die zentralen Defensivkräfte, immer wieder in Situationen gerieten, in denen sie Fehler machen konnten. Ein beherzteres, aggressiveres Spiel vor dem letzten Spielfelddrittel, hätte vieles davon verhindert. Doch der FCN im Spätherbst 2011 ist nicht mehr aggressiv, spielt nicht mehr kampfbetont wie noch zu Beginn der Saison. Dabei wäre diese Herangehensweise, die sich durchaus auch einmal in der ein oder anderen Gelben Karte äußern kann, für den bevorstehenden Abstiegskampf ebenso wichtig wie für das Pokal-Derby gegen die westlichen Nachbarn, denen vor allem mit Härte beizukommen sein dürfte.
Einziger kleiner Lichtblick an diesem Nachmittag war aus FCN-Sicht das Startelf-Debüt von Daniel Didavi, die Stuttgarter Leihgabe ließ einige Male aufblitzen, dass er die Antwort auf den Kreativitätsmangel sein könnte. Sein Pass für Mike Frantz zu Beginn des Spiels in den Rücken der Schalker Abwehr war allein von einer Qualität wie sie in den letzten Wochen in Nürnberg nie gesehen war. Es bleibt zu hoffen, dass der 21-Jährige auch gegen Kaiserslautern seine Chance bekommen wird und nicht der Heckingschen Dauerrotation im Mittelfeld zum Opfer fallen wird. Schließlich lief auf Schalke zum achten Mal in Folge nicht die gleiche Mittelfeldreihe wie im Spiel zuvor auf. Zum letzten Mal, dass die gleichen Mittelfeldspieler zwei Spiele hintereinander starteten, war bei den Spielen gegen Bremen und in Gladbach der Fall gewesen.
Natürlich sind daran zum Teil auch die Verletzungen Schuld, doch insgesamt herrscht im Mittelfeld – natürlich auch, weil wenig funktioniert – eine zu geringe Beständigkeit, einziger Fixpunkt ist Timmy Simons, doch auch der Belgier stößt an seine Grenzen, gerade weil er viel eher nach hinten arbeiten muss, als nach vorne Impulse geben soll. Ansonsten wurde viel probiert doch wenig gelang. Es wäre womöglich ratsam, wenn sich Dieter Hecking nun für eine Formation entscheidet und dieser auch gegen Druck von Außen zwei, drei Spiele das Vertrauen gibt. Mit der jetzigen Varianten scheinen sich einfach keine Automatismen einschleifen zu können.
Hecking sollte dies womöglich auch aus eigenem Interesse tun, seinem Vorgänger wurden am Ende die ständigen Rotationen im Laufe einer Niederlagenserie zum Verhängnis. Natürlich kommt der jetzige Übungsleiter aus einer Position der Stärke heraus, die Oenning nie hatte, doch auch die größtmögliche Position der Stärke – ein Titelgewinn – konnte 2007/08 den Trainer nicht retten. Die Parallelen gehen über die eines starken Trainers hinaus. Auch damals war man im Vorjahr Sechster geworden, auch damals erwartete fast niemand eine schwere Saison, auch damals hatten vor der Saison Führungsspieler das Team verlassen. Noch ist die Situation in der Tabelle eine andere, eine angenehmere, weil die Konkurrenten nicht sehr stark scheinen, doch vom anvisierten Ziel von 20 Punkten zur Winterpause ist man vier Wochen vor dem Ende der Hinrunde weit entfernt. Wird dieses weit verfehlt, könnte der FCN sich einmal mehr als Muster an Beständigkeit erweisen.