Opfer der Chronologie – SC Freiburg – 1. FC Nürnberg 2:2 (0:2)
Könnte man ein Fußballspiel von Chronologie, Zeitablauf, Torfolge lösen, es wäre vieles in der Nachbetrachtung einfacher. So würde man womöglich in Nürnberg einen Punkt beim SC Freiburg, einem direkten Konkurrenten um den Abstieg, als einen Erfolg sehen, da man über 90 Minuten gesehen nicht das bessere Team war. Weil aber Chronologie im Gehirn jedes Menschen, also auch des Fußballfans, fest verankert ist, sieht er das 2:2 in Freiburg als eine Niederlage. Schließlich führte der 1. FC Nürnberg bis in die 79. Minute mit 2:1 und war mit 2:0 in die Pause gegangen.
Dabei beruhte auch diese Pausenführung nicht auf herausgespielten Aktionen. Stattdessen half der Gastgeber dem Club durch Abspielfehler und unorganisierte Abwehrarbeit. Genau wie die Freiburger in der ersten Halbzeit verhielt sich der 1. FC Nürnberg dann nach der Pause. Unkonzentriertheiten häuften sich, es kam zu vielen Aktionen, die zumindest ungeschickt – wenn nicht inkompetent – aussahen. Besonders auffällig war, dass die Verteidiger des Club oft den Ball in die Mitte des Spielfelds klärten und nicht nach außen.
Lange Zeit ging dieses riskante Verhalten gut. Doch kurz vor Schluss klärte Javier Pinola den Ball an die Strafraumgrenze zu Cedrick Makadi. Dieser verwertete den Ball volley und schon beim Verlassen des Fußes war klar, dass der Ball im Tor von Rafael Schäfer einschlagen würde. Dies war quasi ein Spiegelbild des ersten Tores für den FCN. Hier hatte Daniel Didavi ein katastrophales Abspiel des völlig indisponierten Diagne aufgenommen und mit einem Kunstschuss die Gäste in Führung gebracht.
Ein Grund für die wesentlich verbesserte Leistung der Gastgeber nach dem Seitenwechsel war auch, dass eben jener Diagne die Seite in der Innenverteidigung wechselte. So stand er nicht mehr im direkten Duell mit Tomas Pekhart und konnte seine Leistung stabilisieren. Es ist aber unzweifelhaft, dass der FCN die Indisponiertheit des Freiburger Innenverteidigers konsequenter ausnutzen hätte müssen.
Ein weiterer Grund für die bessere Leistung des SC Freiburg war natürlich der Rückenwind, den die Mannschaft durch den Elfmeter kurz nach der Pause erhalten hatte. Zum wiederholten Male wurde der FCN so durch eine zweifelhafte Schiedsrichterentscheidung bestraft. In diesem Fall war es besonders ärgerlich, da nicht nur kaum eine Berührung zwischen Nilsson und Caligiuri stattfand, sondern auch beim vorausgehenden Freistoß zwei Freiburger Angreifer im Abseits standen.
Nichtsdestotrotz nutzten die Freiburger diese Gelegenheit und drehten das Spiel wie auch dessen Ausrichtung komplett um. So entwickelte sich nach dem Anschlusstreffer ein Spiel auf ein Tor; auf das des FCN. Lange hielt der FCN dem Druck der Freiburger stand, hatte aber zum Teil großes Glück, da die Gastgeber ihre Chancen nicht verwerteten beziehungsweise nicht konsequent ausspielten. Erst kurz vor Schluss, als die Nürnberger zu zehnt waren, da Tomas Pekhart behandelt werden musste, kam der SCF zum Ausgleich.
Komischerweise fand der Glubb danach zurück ins Spiel. Es reichte aber nicht zur erneuten Führung und der Club musste mit einem Punkt vorlieb nehmen. Dies war nach der eklatanten Unterlegenheit in der zweiten Halbzeit fast glücklich. In der ersten Halbzeit hingegen hatte der FCN das Spiel noch dominiert, ohne aber zu vielen klaren Torchancen zu kommen. Denn auch das zweite Tor war nicht durch eine gute Offensivaktion gefallen, sondern das Ergebnis einer Standardsituation.
Bei dieser – einer Ecke – stellte sich der Gastgeber äußerst ungeschickt an. Es verpassten alle Verteidiger den Ball und Tomas Pekhart konnte sich umdrehen und den auf einem Silbertablett daliegenden Ball im Stile eines Torjägers verwandeln. Dennoch macht auch die Art der Tore deutlich, dass der FCN erneut große Probleme in der Offensivproduktion hatte. Es gab erneut zu wenige Bälle, die in der Spitze produktiv verwertet werden konnten. Stattdessen wurde viel mit langen Bällen auf Pekhart operiert. Dieser zeichnet sich zwar durch große Ballhaltefähigkeiten aus, ist aber nun mal kein spielender Stürmer, der präzise Pässe nach vorne oder auf die Flügel spielen kann.
Dies sollte nach 29 Spieltagen eigentlich auch in den Köpfen der Mannschaft angekommen sein. Doch die Mannschaft machte auch auf anderen Gebieten in Freiburg zu wenig aus ihren durchaus vorhandenen Vorteilen. Sie nutzte die vorhandene Grundschnelligkeit ebenso wenig aus wie die Tatsache, dass die Freiburger ihren Kapitän, Julian Schuster, nach einem Luftzweikampf zwischen ihm und Pekhart mit Kiefer- und Nasenbeinbruch verloren.
So ging man zwar mit einer 2:0-Führung in die Pause, hätte aber bei konzentrierterer und konsequenterer Arbeit das Spiel noch vor der Pause entscheiden können. Auch nach der Pause wären noch genug Möglichkeiten vorhanden gewesen, die Freiburger Defensive mit schnellen Pässen und hohem Tempo auseinanderzunehmen, stattdessen zog man sich zu sehr zurück, setzte zu wenig Nadelstiche und gab die Führung aus der Hand.
Damit gab man die Möglichkeit aus der Hand, sich beruhigt in die letzten fünf Spiele zu begeben. So fehlt noch mindestens ein Sieg zum sicheren Klassenerhalt. Im Gegensatz zu den letzten Wochen gewannen zwar nicht alle direkten Konkurrenten, es wäre mit einem Sieg trotzdem ein beruhigenderes Polster entstanden als die nun vorhandenen drei Punkte auf den Relegationsplatz. Wo die Punkte noch zu holen sind, ist natürlich nicht sicher. Am Mittwoch gegen Schalke – wenn die ganze Bundesliga auf ein anderes Spiel blickt – wäre aber eine günstige Gelegenheit. Mit oder ohne Chronologie.