So spielt ein Absteiger – Borussia Mönchengladbach – 1. FC Nürnberg 3:1 (0:1)
Der Titel des Artikels ist keineswegs polemisch oder provokant gewählt. Er ist keine Kritik an der Spielweise, am Einsatzwillen oder an den Verantwortlichen. Er ist eine Feststellung. Denn das Spiel des FCN in Gladbach hatte einfach alle Kennzeichen eines Spiels, das ein Absteiger bestreitet. Natürlich ist es am 12. Spieltag zu früh, ein endgültiges Urteil zu fällen, doch die Inschrift, die Dante in seiner „Göttlichen Komödie“ über dem Eingang der Hölle anbringen lässt, muss jetzt eigentlich auch am Max-Morlock-Stadion angebracht werden: „Lasst,die ihr hier eintretet, alle Hoffnung fahren.“
Denn so wie am Samstagabend spielt nun mal ein Absteiger: Ein Absteiger hat Pech. Mehr als andere. Drmic‘ Lattentreffer, Starks Eigentor, die 50:50-Entscheidungen, die alle gegen den FCN ausfielen, all das spricht gegen einen Klassenverbleib. Ein Team außerhalb eines Negativlaufs verbucht zumindest nicht all diese Ereignisse in der großen Summe gegen sich. Natürlich ließe sich diskutieren, ob der FCN mit einem möglichen Elfmeter zum 2:0 nicht doch das Spiel nach Hause bringt, ob Starks Klärungsversuch in dieser unkontrollierten Art nötig war, ob der Ball nicht doch hinter der Linie war als er nach Drmic Schuss von der Latte abprallt. Es würde aber eigentlich nur von der Tatsache ablenken, dass hier einfach alles gegen den FCN läuft. Ein klares Anzeichen für einen Absteiger, denn:
Ein Absteiger verliert auch, wenn er besser ist als der Gegner. Wie schon in der Vorwoche war der FCN die deutlich bessere Mannschaft. Die Spielanlage ist so viel besser, reifer und strukturierter als vor dem Trainerwechsel, dass es eigentlich richtig weh tut, dass Trainer und Mannschaft nicht mit Punkten belohnt werden. Das Pressing funktioniert, die Bälle in die Spitze kommen an. Man erspielt sich Torchancen. Man nutzt sie nur nicht, eigentlich logisch, denn:
Ein Absteiger hat oft eine unterdurchschnittliche Chancenverwertung. Wie schon gegen Freiburg erspielte sich der FCN eine Vielzahl an hochkarätigen Chancen, nutzte aber zu wenige. Egal, ob Drmic‘ zusätzlicher Haken oder die Masse an Kopfballchancen, immer wieder wurden große Abschlusschancen liegen gelassen. Die Gladbacher taten dies nicht, denn:
Ein Absteiger hat oft Gegner, die alles treffen. Arangos Kunstschuss, der fatal an den von Darida in der Vorwoche erinnerte, ist nur ein Beispiel dafür. Der Venezolaner traf den Ball so voll, dass Torwart Raphael Schäfer keine Chance hatte, Ähnliches gilt für Niklas Starks Klärungsversuch und dass dann Schäfer Herrmanns Schuss zum 3:1 auch noch durchrutschte passte ins Bild. Es war nicht jeder Gladbacher Schuss ein Treffer und Gladbach war in der zweiten Halbzeit auch wesentlich besser als Freiburg vor Wochenfrist, aber verdient war der Sieg dennoch keinesfalls. Das gaben die Gastgeber nach dem Abpfiff auch unumwunden zu, denn:
Ein Absteiger wird oft von den Gegnern gelobt und bemitleidet. So wie Matchwinner Baumann vor Wochenfrist waren auch die Verantwortlichen der Borussia voll des Lobes für den FCN. Ob des Offensivspiels, ob des Einsatzes, ob des Willens, ob der Kompaktheit über weite Strecken. Fast leid tue der FCN ihm, sagte Max Eberl, besser als derart kann man das Spiel eigentlich nicht zusammenzufassen. Aber:
Ein Absteiger hat oft physische Probleme. Und die scheinen beim FCN auch festzustellen, denn wie schon gegen Freiburg fielen die Gegentore in der zweiten Halbzeit, nachdem der Club schon einiges an Aufwand betrieben hatte. Möglicherweise mutet Gertjan Verbeek der Mannschaft etwas zu, das sie ob ihrer unterm Vorgänger gelegten physischen Grundlagen nicht leisten kann. Die Umstellung von einer reaktiven auf eine aktive Taktik ist einer der größten Umstürze, die man sich vorstellen kann. Die konditionellen Voraussetzungen sind im aktiven System ungleich höher. Sind diese nicht gegeben, so gehen in der letzten Phase womöglich Konzentration und taktische Disziplin verloren. Das Auseinanderbrechen mit sechs Gegentoren in den zweiten Halbzeiten ist zumindest ein Indiz für eine solche Analyse. Aber:
Ein Absteiger steht nicht am 12. Spieltag fest. Irgendwie muss der FCN noch zu genug Punkten kommen, dass er nicht völlig aussichtslos in die Winterpause geht. Dann heißt es die Vorbereitung so bestreiten, dass alle Grundlagen und Ausrichtungen für Verbeeks System gelegt sind und eine Rückrunde im Stile des FC Augsburg der Vorjahre abgeliefert wird. Aber das wäre ja schon wieder Hoffnung. Hoffnung, die nach dem Spiel in Gladbach nur noch wenige haben dürften.