Standard-Niederlage – FC St. Pauli – 1. FC Nürnberg 3:2 (1:0)
Ist etwas Standard, so ist es normal, üblich, gängige Praxis. Mit einem Standard kann jeder, der sich ein bisschen auskennt umgehen: Außer man ist die Defensive des 1. FC Nürnberg. Die Gegentore Nummer vier und fünf nach Standardsituationen bescherten dem Glubb eine unnötige, aber nicht unverdiente Niederlage beim FC St. Pauli – einem Verein, der so „non-established“ ist, dass die Haupttribüne nach der Halbzeit bis zur 60. Minute leer bleibt. Die Niederlage ist umso ärgerlicher, weil der Glubb zweimal nach dem Rückstand sofort zurückgeschlagen hatte und damit in der Schlussphase eigentlich beste Voraussetzungen gehabt hätte, das Spiel doch zu gewinnen.
Verhindert wurde dieser durchaus mögliche Spielausgang am Ende durch einen Zuordnungsfehler nach einem hohen Ball, auch wenn dieses Mal keine Ecke vorausging. Florian Bruns nutzte den Fehler und köpfte zum 3:2 ein, danach kam vom FCN nicht mehr viel, außer einer Strafraum-Schwalbe von Bundesliga-Debütant Markus Mendler. Die Gegentore zeigten eklatant auf, wo in den kommenden Woche der Hebel in der Abwehr angesetzt werden muss: Bei der Zu- und Raumordnung bei hohen Bällen.
Betrachtet man nämlich alle Gegentore der Saison so fielen sechs der elf Gegentore nach Hereingaben aus der Luft (Freiburgs 1:2, Hamburgs 1:0, Frankfurts 1:0 und die drei Gegentore am Millerntor). Exemplarisch und deutlich zu sehen waren die Schwächen bei St. Paulis Siegtor, als Bruns genau in die Lücke zwischen Wolf und Nilsson lief. Gefordert sind dazu natürlich nicht nur die Innenverteidiger, sondern auch die Außen, die – im Wissen der eigenen Schwäche – derartige Hereingaben verhindern müssen.
Nun ist diese Schwäche nicht allein schuldig für das verlorene Spiel, doch ohne sie wäre eine Niederlage vermutlich zu verhindern gewesen. Denn trotz vieler Abspielfehler in der Vorwärtsbewegung, sprangen einige sehenswerte Aktionen heraus, die für Torgefahr sorgten. Es stellte eigentlich ein Zeichen von neuer Qualität dar, dass der FCN trotz mangelhaften Aufbauspiels und ungenauen Anspielen zu zwei Toren kam.
Sehenswert vor allem das erste durch Mehmet Ekici, der erstmals die richtige Seite des Pfostens traf. Jens Hegeler war mit Übersteiger durch die gegnerische Abwehr spaziert und hatte Ekici mustergültig bedient. Das Tor kurz nach der Pause hatte das Gegentor durch Gerald Asamoah kurz vor der Pause ausgeglichen. Ein Tor, das wohl irregulär war, weil Zambrano sich Simons als Tretleiter zur Hilfe genommen hatte; einer der zahlreichen Fehler in der Zweikampfbewertung von Schiedsrichter Gagelmann.
Ob einer dieser Fehler auch beim 2:1 von St. Pauli vorlag, war auch mit Videobeweis nicht endgültig zu klären, doch Asamoahs Einsteigen gegen Wolf ließ diesen sich am Boden krümmend zurück. Ob in Scham ob des verbockten Zweikampfs oder in Schmerzen, bleibt offen. Wolf antwortete allerdings kurz darauf indem er seinerseits eine Ecke im gegnerischen Tor unterbrachte. Die beste Aktion des Kapitäns an diesem Nachmittag, der kurze Zeit später den Ball noch fast im eigenen Tor untergebracht hätte.
Nach dem Ausgleich verfiel der FCN trotz der psychologischen Überlegenheit erneut in das Muster, das man in dieser Saison schon zu oft gesehen hat und als Fußballästhet nicht wirklich sehen will: Hinten sitzen, den Gegner kommen lassen und abwarten; darauf bauen, dass der Gegner mit dem engen Raum im letzten Drittel des Spielfelds nichts anfangen kann und den Ball fahrlässig hergibt; daraus einen erfolgreichen Konter fahren. Der Plan ging nicht auf, weil St. Pauli am Ende eben auf dem Luftweg eben doch ein Mittel gegen den Platzmangel fand und weil der FCN – wie schon erwähnt – viele Bälle im Vorwärtsspiel verlor, wodurch keinerlei erfolgreiche Konter gefahren werden konnten.
Die Niederlage ist kein Desaster, doch ein Erfolg hätte die Wahrscheinlichkeit einer ruhigen Saison deutlich erhöht, da man mit St. Pauli einen weiteren Kontrahenten hinter sich gelassen hätte, so aber bleibt das bange Hoffen auf dass der Rest der vermeintlichen Abstiegskandidaten nicht zu weit enteilt und dass der ein oder andere Etablierte noch länger die Kellerwohnung bezieht.