Ungeschickt – VfL Wolfsburg – 1. FC Nürnberg 2:1 (1:0)

Ungeschickt – VfL Wolfsburg – 1. FC Nürnberg 2:1 (1:0)

Wer sich nach Christian Eiglers Ausgleich an die letzten Auftritte des FCN in Wolfsburg erinnerte, der schöpfte Hoffnung. Immer wieder hatte der Glubb Spiele in der VW-Stadt gedreht, immer wieder kurz vor Schluss den Sieg aus den Klauen des Punktverlusts entrissen. Nicht jedoch an diesem Samstagnachmittag. Stattdessen blieb Eiglers Ausgleich der Höhepunkt eines kleinen Strohfeuers, das zwar bei konsequenter Chancenverwertung zum Sieg gereicht hätte, insgesamt aber zu wenig war. Am Ende mündete das Spiel sogar, auf Grund einer ungeschickten Verteidigungsaktion in der dritten Auswärtsniederlage der Saison.

 

Es war nicht die erste ungeschickte Verteidigungsaktion des Nachmittags gewesen. Schon beim ersten Gegentreffer der Wolfsburger war keiner der fünf Abwehrspieler eine Ausgeburt an defensiver Stabilität. Marvin Plattenhardt, der das gesamte Spiel überfordert wie ein westfälischer Finanzbeamter auf dem Karneval in Rio wirkte, verlor im Mittelfeld ein Kopfballduell. Timm Klose, unter der Woche Sündenbock für das Schweizer Ausscheiden in der EM-Quali, gab Ashkan Dejagah lieber Geleitschutz als ihn am Flanken zu hindern. Philipp Wollscheid kommandierte in der Rückwärtsbewegung lieber Timothy Chandler dazu ab, Mario Mandzukic zu decken als sich selbst auch zum Kroaten zu orientieren. Chandler blieb trotz Anweisung fern von Mandzukic und zur Krönung segelte Alexander Stephan dann auch noch bilderbuchmäßig am Ball vorbei. Mandzukic nickte ein, es stand 1:0 und die schwache erste Halbzeit fand ihren Höhepunkt.

 

Schwach war diese erste Halbzeit nicht nur weil der FCN nicht ins Spiel fand und im Spiel nach vorne die üblichen Probleme offenbarte, auch die Gastgeber aus Wolfsburg waren über weite Strecken uninspiriert. Genau deshalb war der Rückstand umso ärgerlicher. Der Glubb aus den ersten Saisonspielen hätte die Niedersachsen jederzeit im Griff gehabt, so aber ließen sich die Franken vom aggressiven Draufgehen der Wölfe deutlich einschüchtern und überließen ihnen die Spielanteile. Dass es dennoch zur Pause nur 1:0 stand, zeigt wie ungefährlich die Wolfsburger in der Vorwärtsbewegung eigentlich waren. Eine einzige wirklich gefährliche Gelegenheit stand für sie zu Buche, die hatte Stephan hervorragend vereitelt.

 

Der Glubb kam erst nach dem Rückstand in die Gänge, Pekharts Kopfball nach einer Ecke und Essweins Pfostenschuss standen für die erste Torgefahr im Spiel; das nach über einer halben Stunde. Es ist müßig Woche um Woche die selben Probleme zu notieren. Auch in Wolfsburg lahmte das Vorwärtsspiel des FCN über weite Strecken, auch in Wolfsburg gab es zu wenige kreative Impulse. Man muss sich wohl damit abfinden, dass dieses Team eher über Einzelaktionen (z.B. Maks Vorlage zum 3:3 gegen Mainz) oder Standards (z.B. Wollscheids 1:1 gegen Bremen) zum Torerfolg kommt. Dies ist auch dann in Ordnung, wenn die Chancen konsequent verwertet werden.

 

Am Samstagnachmittag aber kann man dieses Urteil nicht über den FCN fällen. Zwar kam er nach einem der seltenen kreativen und zielstrebigen Momente (Wollscheid auf Simons auf Eigler) zum Ausgleich. Danach aber bewies Alexander Esswein, dass Spiele gegen den Ex-Verein und Ex-Trainer nicht nur motivieren, sondern auch unter Druck setzen können. Zweimal stand der Ex-Wolfsburger unbedrängt vor Diego Benaglio, zweimal scheiterte der Ex-Wolfsburger unbedrängt an Diego Benaglio. Es ist schade, dass so der durchweg positive Eindruck des eifrigen, bemühten Aktivpostens ein wenig entwertet wird. Einen besseren Club-Spieler als Esswein gab es an diesem Tag nicht.

 

Vielleicht hätte ihm Christian Eigler den Titel streitig gemacht, doch der 28-Jährige wurde als er seinen zwanzigsten Treffer für den Glubb erzielte, rüde von Hasebe gefoult und hatte so nur einen 14-minütigen Gastauftritt. Es war das erste Mal seit über einem Jahr und erst das dritte Mal überhaupt, dass der FCN nach einem Eigler-Tor keine Punkte mitnahm. Schuld daran war neben der laxen Chancenverwertung jene weitere, oben angesprochene, ungeschickte Verteidigungsaktion. In diesem Fall war es Mike Frantz, der in den gesamten 22 Minuten seines Einsatzes übermotiviert wirkte, der den entscheidenden Fehler beging. Er ließ im Zweikampf mit Dejagah sein Bein als offensichtliche Einladung stehen. Der Deutsch-Iraner nahm dankend an, Mandzukic verwandelte den fälligen Strafstoß, es stand 2:1, dabei blieb es.

 

Der Glubb ist damit nun seit vier Spielen sieglos, das Polster aus dem guten Saisonstart fast völlig aufgezehrt. Die Probleme, die von Anfang der Saison an erkennbar waren, werden nicht mehr durch Kampf und Einsatz wettgemacht, sondern sind nun wie ein großer hässlicher Pickel für alle sichtbar. Es gilt diesen Pickel möglichst schnell auszudrücken, ansonsten wirkt er als Wegweiser für das Abstiegsgespenst den FCN doch noch zu finden.